- Ich als Vertriebener in Deutschland -
ich weiß
dass nach meinem Brief - Mutter
du am Fenster stehst und wartest
als gerade diese Nacht
hier über Hannover dunkel drückt
warum soll ich es verbergen
deinen Brief nahm ich
übergoss ihn mit Tränen
was zum Teufel bin ich
Mann oder Kind
ich dachte an Straßen und Freunde
wie die Besatzung sich durchs Viertel bewegte
oh Mutter, Ab, voller Wachsamkeit -
voller Vorsicht -, um uns groß zu ziehen
sobald ich heute deinen Brief bekam
Tränen bildeten Pfützen um mich
es kann möglich sein
dass mir ganz Hannover gehören wird
doch was nützt das -,
Mutter - ohne dich
wenn Nacht kommt
niemand mich zudeckt
wenn das Morgengrauen kommt
niemand mich aufweckt
mich Müdigkeit drückt
und niemand mich erfrischt
wenn bei jeder Mahlzeit
niemand deckt mir den Tisch
doch hab keine Angst
ich werde nicht
auf das verdorbene Brett treten
weil ich dein Sohn bin
wenn du in Hannover
nach mir fragst
werden alle mich kennen
als einen guten Albaner
jenseits von Hannover
bist du, Mutter,
denn jenseits von Hannover
ist Albanien - Kosovo - von mir
sollte ein Mensch ohne Herz
nicht leben können
genauso lebe ich
ohne dich hier
dort am Fenster
wo du die Abende verbringst
jeden Tag mit den Gedanken
bei mir ankommst
ich habe mich angelehnt
an deinen Schoß
und habe dir geküsst
dein weißes Haar
dennoch werde ich
eines Tages kommen
dir jede Menge erzählen
jetzt bringe ich
diesen Brief zum Schluss
ich küsse dir die Hände
für immer
du Mutter der guten Seelen.